Löwenhochzeit

gedichte


Löwenhochzeit

Einsam lag in seiner Kammer
einst ein Leu mit Katzenjammer:
viel zu lange saß er schon
ganz alleine auf dem Thron,
denn er durfte zum Vermählen
nur aus besten Kreisen wählen,
fand die Löwinnen formatlos,
die er kannte, und war ratlos.

Und so lähmte ihn der Gram,
bis er gar ins Grübeln kam.
Denn die Eremitenbürde
kratzte an der Manneswürde.
Sollt‘ sein Rang ihm nur gestatten
Edelfräulein zu begatten,
wollt‘ er, um dem Trieb zu frönen,
schon den doofen Bruder krönen.

Ein paar Löwenstaaten weiter
lebte dort ein Königsweib,
welches sprach: „Ich fänd’s gescheiter,
daß ich nicht alleine bleib!“
Und obwohl’s im Löwenstab
jede Menge Löwen gab,
zeigten, anfangs ohne Tadel,
sie dann doch verarmten Adel.

Träumend kam sie schon ins Wanken:
nähm ein Held sie in die Pranken,
würd‘ ihr Löwenmäulchen küssen,
tät er sich nicht zügeln müssen,
und sie ließ sich von ihm schänden,
bis die Lenden Frieden fänden.
Soll die Zucht, den Hof zu führen,
doch die doofe Schwester spüren!

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So bestand nicht nur bei Hofe
Sorge vor der Katastrophe,
denn man fand die Altbekannten
fähiger als die Verwandten.
Brillenschlangen ihretwillen
suchten unter ihren Brillen,
ob sie was in Rosa hätten,
um des Königs Thron zu retten.

Daß statt königlicher Jagden
Suppenwünsche überragten.
raubte gar den Gnus den Spaß,
weil man sie als Fraß vergaß.
„Unser Leben für den König!“
Der Appell bewirkte wenig,
was ein weiser Elefant
gar nicht gut fand für das Land.

Im Vergleich zu Katzenflöhen
ist der Vogel besser dran,
der aus unbegrenzten Höhen
Grenzen überschauen kann.
So war’n ’s Vögel, die erzählten,
daß zwei Herrscher sich zerquälten.
Und von Sträuchern ging’s zu Bäumen:
Zeit sei da nicht zu versäumen!

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Wenn die zwei zusammenpassten,
könnte es das Reich entlasten.
Und von Schnäbeln ging’s zu Mäulern,
wie man diesen beiden Heulern
pflanzen könnt’ von außenwärts,
Zuversicht ins Löwenherz.
So hat man die Majestäten
je um Audienz gebeten.

Ihro Gnaden trübes Schmachten
sei mit Kummer zu betrachten.
Wenn man weiter Trübsal bliese,
führte das zur Führungskrise,
denn ein Volk gehör’ stattdessen
angebrüllt und aufgefressen.
„Alles Schlechte wird erst gut,
wenn man’s überwinden tut…

Wär vielleicht ein Wandertag
ein royaler Brückenschlag?“
Und die Majestäten nickten.
Als die Vögel Späher schickten
und sich dann im Nachbarland
eine Urwaldlichtung fand,
wirkte jeder Untertan
mit am Gipfeltreffenplan:

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Baute Tische, baute Bänke,
sorgte für Musik, Getränke,
nahm, daß es den Leu erfreu’
Löwensenf und Löwenbräu,
bog Lianen zu Girlanden
was zwar manche kitschig fanden,
doch empfahl sich solidarisch:
Speisen gibt’s nur vegetarisch!

Und an jenem frühen Morgen
stand ein jedes Tier Spalier.
Die Regenten, so geborgen,
nickten dort und grüßten hier.
Alle Kümmernisse wichen,
denn von Hof und Staat umschlichen,
konnt man gnädig sich erweisen,
ließ sich ehren, ließ sich preisen.

Und dann wälzte sich die Menge
Rang nach Rang in ganzer Länge
durch den Dunst des Morgenlichts.
Jetzt noch ahnten beide nichts.
Und vom Vogelzug begleitet,
wenn auch königlich geleitet,
fand der Zug von jeder Richtung
die vorausgeplante Lichtung.

Als die Züge sich verbanden
und die Zwei zusammenfanden,
war die Spannung unerträglich.
Beide standen unbeweglich.
Und es regte sich kein Laut.
Als sie knurrend sich umkreisten,
schwand der Mumm: die Allermeisten
hatten der Natur vertraut.

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Wenn verpönt durch Etikette
und entwöhnt vom Spiel im Bette
man wohl dann nur lieben könnte,
wenn es auch die Sippe gönnte,
merkt man spät, daß der verhüllte
Wunsch sich g’rade jetzt erfüllte…
Da! Der König! angetan
bleckt er einen Löwenzahn!

Wie die Freude überschwappte,
weil der Plan tatsächlich klappte!
Jubel bei den Untertanen,
Affen schwenkten wild Bananen,
und die Elefanten blähten
ihre Rüssel zu Trompeten,
und mit fröhlichem Gelärme
kreischten Papageienschwärme.

Dann begann das Fest der Feste.
Und es freute alle Gäste,
dass bei Tische keiner heute
Jäger war oder gar Beute.
Denn die Party für die Hoheit,
nahm der Wildnis jede Rohheit.
Und man tanzte, sang und lachte,
bis der Leu ein Zeichen machte.

Seine königliche Pfote
stand dem Anlass zu Gebote,
und es wurde mäuschenstill,
als das Paar sprach: „Ja, ich will.“
Abendsonnenröte glühte
farbenprächtig bis ins Tal,
Und der Chor des Dschungels blühte
mächtig auf zum Schlußchoral.

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Lautstark klatschten die Minister,
etwas leiser die Geschwister.
Die Giraffen jedenfalls
hatten einen Kloß im Hals.
Als die Vögel Psalmen sangen,
Psalmen, die von Palmen klangen,
da entschwand ein jedes Tier.
Frieden kehrte ins Revier.

Oben sanft vom Mond beleuchtet
und von unten angefeuchtet,
schien das Paar auf Wolke Sieben
das gesamte Volk zu lieben.
Sie hob ihre schlanke Pranke
und sie schnurrte zärtlich: „Danke…“
Und der König sprach gewichtig:
„Morgen fress’ ich wieder richtig!“

 ©Armin Fischer

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